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Umbruch bei der Förderung: AWV-Projektgruppe „Zuwendungspraxis“ unterstützt Reformprozess

vonGerhard Vogt, Leiter der AWV-Projektgruppe „Zuwendungspraxis“

Adobe Stock / Robert Kneschke

Der Zuwendungsbereich ist in Bewegung, Reformtendenzen sind vielerorts spürbar.

Die AWV hat dieser Entwicklung im Sommer 2024 durch Einrichtung der Projektgruppe 1.6.4 „Zuwendungspraxis“ Rechnung getragen. Der Projektgruppe ist es gelungen, Vertreterinnen und Vertreter fast aller Bundesländer sowie des Bundes in einer Webkonferenz im Dezember 2024 zusammenzubringen. Überwiegend waren die Teilnehmenden die für das Zuwendungsrecht verantwortlichen Referatsleiterinnen und Referatsleiter in den Finanzministerien der Länder. Ziel der Webkonferenz im Dezember war es, den Stand der Reformaktivitäten festzustellen und den Austausch zwischen den Reformkräften zu fördern. Als Ergebnis der Webkonferenz lässt sich festhalten, dass in fast allen Bundesländern an Reformen im Zuwendungsbereich gearbeitet wird oder Reformen bereits in die Tat umgesetzt worden sind. Dabei geht es nicht etwa um die Änderung von Gesetzen, sondern um die Modernisierung der Verwaltungsvorschriften, welche das Zuwendungsrecht prägen. Zum Teil gingen die Reformen in den Bundesländern auf Anregungen aus den Landtagen oder auf Koalitionsvereinbarungen zurück, zum Teil hat sich die Administration auch aus eigenem Antrieb zu Reformen entschlossen. Mancherorts sind die geplanten Reformen im Zuwendungsbereich Teil einer größeren Kampagne zum Bürokratieabbau.

 

Was tut der Bund?

Der Bund hat sich in den letzten Jahren mit Reformen im Zuwendungsbereich eher zurückgehalten. Es gab lediglich einige punktuelle Änderungen der zuwendungsrechtlichen Vorschriften durch das Haushaltsgesetz 2024, zum Beispiel Erleichterungen beim vorzeitigen Maßnahmenbeginn, Behandlung von Spenden und Änderungen beim Besserstellungsverbot. In der Webkonferenz vom Dezember 2024 erklärte ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums, der Bund sei für Reformen im Zuwendungsbereich offen, der Anpassungsbedarf werde gesehen. Vorschläge und Ideen lägen vor, eine Reformabsicht bestehe zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings nicht.

 

Wie ist die Lage in den Bundesländern?

Vorreiter der Entwicklung im Bereich der Bundesländer war der Freistaat Sachsen. Grundlage der dortigen Reformen war der Bericht einer Expertenkommission, der im Jahr 2019 vorgelegt wurde. Die Kommission setze sich u. a. ausführlich mit Vereinfachungen und Best Practices für staatliche Förderverfahren aus mehreren EU- und OECD-Mitgliedstaaten auseinander. Besonders interessant ist, dass auch Erfahrungen aus Förderprogrammen, die durch die EU finanziert werden, in die Reformüberlegungen einbezogen wurden. Die Vorgaben der EU, zum Beispiel für den Einsatz von Pauschalen, sind zum Teil wesentlich „unbürokratischer“ als das deutsche Zuwendungsrecht. Die Empfehlungen der Expertenkommission wurden in Sachsen dann nach und nach durch Änderung der zuwendungsrechtlichen Vorschriften umgesetzt. Die wichtigsten Änderungen betrafen die Zulassung des förderunschädlichen Vorhabenbeginns ab Antragstellung, die Einführung standardisierter Kostenoptionen (Pauschalsätze) sowie die Entkoppelung von Vergaberecht und Zuwendungsrecht. Die Reformdiskussion in Sachsen ist noch nicht abgeschlossen – schwerpunktmäßig geht es jetzt um die Konsolidierung der Förderrichtlinien und um die Digitalisierung der Förderverfahren. Die Ergebnisse aus Sachsen wurden in vielen Bundesländern im Rahmen der dortigen Reformüberlegungen diskutiert, aber nur zum Teil in den jeweiligen Reformprozess übernommen. In der Webkonferenz vom Dezember 2024 berichtete ein Vertreter des sächsischen Finanzministeriums ausführlich über den Verlauf der Reformen in seinem Bundesland. Weiterhin trugen Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer Sachsen-Anhalt, Berlin, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen über die Entwicklung in ihrem jeweiligen Bundesland vor, wobei Reformergebnisse größtenteils noch nicht vorliegen.

Die Umfrage zum Stand der Reformen wurde in einer weiteren Webkonferenz im März 2025 fortgesetzt. Ein Vertreter Niedersachsens berichtete über die dortigen Reformüberlegungen, die innerhalb eines Jahres durch zwei Arbeitsgruppen erarbeitet wurden: eine mit dem Schwerpunkt kommunale Förderungen und Digitalisierung unter Federführung des Innenministeriums, die andere mit dem Schwerpunkt alle anderen Förderungen unter Federführung des Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten. In der zuletzt genannten Arbeitsgruppe wirkten auch Vertreterinnen und Vertreter der Zuwendungsempfängerseite mit. Die Arbeitsergebnisse wurden im Januar 2025 vom niedersächsischen Kabinett beschlossen und sollen binnen eines Jahres umgesetzt werden. Weiterhin berichtete ein Vertreter des Landes Schleswig-Holstein über dort bereits seit langem bestehende Erleichterungen für kleinere Fördermaßnahmen bzw. für Zuwendungsempfänger mit überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeitenden. Schließlich trugen Vertreterinnen des Bundesverwaltungsamtes die Reformüberlegungen dieser Behörde für den Zuwendungsbereich vor. Die Forderungen der Zuwendungsempfängerseite stellten schließlich Vertreter des Bündnisses für Gemeinnützigkeit in der Webkonferenz vor.

 

Welche Reformen werden nun angegangen?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Themen vorzeitiger Maßnahmenbeginn, Pauschalierungen sowie Erleichterungen bei der Auftragsvergabe bei den Reformüberlegungen fast aller Bundesländer eine Rolle spielen. Daneben geht es auch um eine verstärkte Nutzung der Festbetragsfinanzierung, um die Verlängerung der Frist für die Mittelverwendung, um die Anerkennung von bürgerschaftlichem Engagement als zuwendungsfähige Ausgaben bzw. als Eigenmittel, um die Behandlung von Spenden, um Vereinfachungen beim Besserstellungsverbot sowie um Erleichterungen beim Verwendungsnachweis. Was die institutionelle Förderung anbetrifft, so werden für diese Zuwendungsart Erleichterungen beim Versicherungsverbot sowie die Zulassung von Rücklagen diskutiert.

Aus der Sicht des Dritten Sektors ist bei allen Reformüberlegungen bedeutsam, dass dessen Besonderheiten ausreichend Rechnung getragen wird, nämlich der Vielzahl der in diesem Bereich aktiven kleinen Initiativen und Vereine mit ehrenamtlichen tätigen Mitarbeitenden, welche durch die derzeitigen komplizierten Regelungen vielfach überfordert werden. Diesen Gegebenheiten muss durch Erleichterungen für kleinere Förderungen Rechnung getragen werden.

Weitere Informationen über die Projektgruppe 1.6.4 „Zuwendungspraxis“ finden Sie → hier.

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