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Projektmanagement in der Verwaltung? Bitte eine Selbstverständlichkeit

AWV-Interview mit Dr. Katrin Eschmöller (Beratungszentrum des Bundes im Bundesverwaltungsamt)

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Dr. Katrin Eschmöller wurde zur neuen Leiterin des AWV-Arbeitskreises „Strategischer Erfolgsfaktor Projektmanagement“ gewählt.

Frau Dr. Eschmöller, wir beglückwünschen Sie zu Ihrer Wahl als Arbeitskreisleitung des AWV-Arbeitskreises 1.8 „Strategischer Erfolgsfaktor Projektmanagement“. Was hat Sie dazu motiviert, sich ehrenamtlich im Rahmen der AWV-Facharbeit zu engagieren?

Das Beratungszentrum des Bundes hat den Anspruch, einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung zu leisten und Behörden bei ihren Transformationsprozessen zu unterstützen. Unser Kompetenzzentrum (Groß-)Projektmanagement ist Gründungsmitglied des Arbeitskreises. Daher ist es mir eine Ehre, nun die Leitung von Herrn Verenkotte zu übernehmen. Erfolgreiches Projektmanagement ist für mich der Schlüssel zur Modernisierung von Verwaltungen. Das Gelingen von Transformation, Digitalisierung oder Entbürokratisierung ist davon abhängig, die richtigen Projekte auszuwählen und diese erfolgreich zu managen. Der Arbeitskreis konnte durch sein Positionspapier bereits einen wertvollen Beitrag dazu leisten, der Bedeutung von Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung und der Notwendigkeit guter Rahmenbedingungen für Projekte zu mehr Bewusstsein zu verhelfen. Diese wichtige Arbeit fortzuführen und mitzugestalten, ist mir ein persönliches Anliegen.

Bitte geben Sie uns einen Überblick über die Aufgaben des Beratungszentrums des Bundes. Wo genau besteht Beratungsbedarf in der öffentlichen Verwaltung?

Öffentliche Verwaltungen stehen heute mehr denn je vor der Herausforderung, sich kontinuierlich modernisieren und an veränderte Rahmenbedingungen anpassen zu müssen. Das Beratungszentrum des Bundes berät in diesem Kontext Behörden und Zuwendungsempfänger des Bundes zu allen Fragen des Organisations-, Prozess- und Projektmanagements, aber auch zu tariflicher Arbeitsplatzbewertung. Wir unterscheiden uns insbesondere von privaten Beratungsunternehmen dadurch, dass wir unsere Kunden mit verwaltungseigenem Personal aus der Praxis für die Praxis beraten. Unser Anliegen ist es, ihre Eigenleistungsfähigkeit zu stärken, sie zu befähigen und erworbenes Wissen aufbereitet als Hilfe zur Selbsthilfe zur Verfügung zu stellen.

Der Beratungsbedarf ist von Behörde zu Behörde und von Bereich zu Bereich sehr verschieden. Deshalb ist es uns wichtig, unseren Kunden zuzuhören, das Problem genau zu verstehen und passgenaue Lösungen anzubieten.

Wenn wir mit unseren Beratungsteams nicht weiterhelfen können, vermitteln wir über das Drei-Partner-Modell passgenaue externe Beratungsleistungen aus unseren fachlich einschlägigen Rahmenverträgen.

Übergreifendes Thema des Beratungszentrums des Bundes ist Verwaltungsmodernisierung. Wie treiben Sie dies in der Bundesverwaltung voran? Welche aktuellen Trends und Technologien sind hier derzeit relevant?

Wir treiben die Modernisierung der Bundesverwaltung voran, indem wir öffentliche Verwaltungen beraten, begleiten, befähigen und vernetzen, um ihre Organisations- und Managementpraxis kontinuierlich zu verbessern.

Auch nach 25 Jahren sind noch immer die Themen Strategie, Prozesse, Ressourcen und Strukturen relevant. Ergänzend greifen wir Trendthemen auf wie die digitale Transformation, die Gestaltung einer modernen Zusammenarbeit in Zeiten von New Work oder die Nutzung von agilen Methoden wie Objectives and Key Results zur Strategieumsetzung. Aktuell wird auch das Thema Entbürokratisierung viel diskutiert und richtet den Fokus wieder mehr auf Effizienz und Vereinfachung.

Natürlich ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz derzeit ein Megatrend. Wir sehen jedoch in unserer Beratungspraxis, dass es auch im Bereich bereits etablierter Technologien wie bspw. der E-Akte Bund noch große Potenziale gibt und v. a. jenseits der technischen Fragestellungen in vielerlei Hinsicht Unterstützungsbedarf besteht, um in die mehrwertige Nutzung zu kommen.

Dr. Katrin Eschmöller

Dr. Katrin Eschmöller leitet das Beratungszentrum des Bundes im Bundesveraltungsamt. (Foto: Bundesverwaltungsamt)

 

Welche thematischen Schwerpunkte möchten Sie gemeinsam mit den Expertinnen und Experten des Arbeitskreises angehen und welche Erwartungen verknüpfen Sie mit Ihrem Amt als Arbeitskreisleiterin?

Einen thematischen Schwerpunkt sehe ich in einer stärkeren Verknüpfung zwischen strategischen Zielen einer Behörde und dem Aufsetzen von Projekten. Eine zentrale Handlungsempfehlung der ersten Multiprojektmanagement-Studie (MPM) in der öffentlichen Verwaltung war es, die aktuelle Strategie in das Projektmanagement zu integrieren, um sicherzustellen, dass diese durch die Projekte auch umgesetzt wird. Die strategische Auswahl von Projekten kann durch die stärkere Etablierung von Portfoliomanagementstrukturen gelingen. Es geht ja nicht nur darum, dass die Verwaltung Projekte erfolgreich durchführt, sondern vor allem darum, dass die öffentliche Verwaltung diejenigen Projekte auswählt und durchführt, die am stärksten auf politische Ziele und die daraus abgeleiteten strategischen Ziele öffentlicher Einrichtungen einzahlen. Diese Verzahnung lässt sich mit Mitteln des Projektmanagements noch verbessern, um die Wirkung von Projekten zu steigern.

Ich erwarte, dass wir gemeinsam als Arbeitskreis hierzu wichtige Impulse geben können. Als Leitung des Arbeitskreises möchte ich hierbei die Expertinnen und Experten unterstützen, den Austausch fördern und ihrer Expertise eine Stimme geben.

Darüber hinaus sehe ich einen Schwerpunkt darin, positive Ansätze im Hinblick auf eine Standardisierung und Verbesserung der Qualifizierungsangebote in der öffentlichen Verwaltung weiter auszubauen. So stellt das Bundesverwaltungsamt beispielsweise den Projektmanagementstandard PMflex kostenfrei zur Verfügung, zu dem inzwischen auch spezielle Qualifizierungsangebote entstanden sind. Viele Behörden richten Project-Management-Offices ein, um sich Standards zu geben und die Projektmanagementfähigkeiten ihrer Beschäftigten auszubauen. Wir versprechen uns hiervon auf der Ebene des Einzelprojektmanagements eine effizientere und erfolgreichere Durchführung von Projekten.

In dem aktuellen Positionspapier des Arbeitskreises „Stärkung des strategischen Erfolgsfaktors Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung“ (→ zum Download) identifiziert das Gremium Handlungsfelder zur stärkeren Verankerung von Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung und formuliert hierfür Handlungsempfehlungen. Welchen Handlungsfeldern messen Sie besondere Bedeutung bei und warum?

Aus meiner Sicht sind alle im Positionspapier angesprochenen Handlungsfelder und die darin angesprochenen Handlungsempfehlungen gleichermaßen wichtig und wir müssen uns bemühen, dass perspektivisch alle umgesetzt werden. Besondere Bedeutung hat für mich das Handlungsfeld „Kompetenzen“. Benötigt werden qualifizierte und erfahrene Projektmanagerinnen und -manager aus den Reihen der öffentlichen Verwaltung, die Transformationsprojekte mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zügig und in hoher Qualität umsetzen. Wir benötigen jedoch ebenso Qualifizierungen für die obere Leitungsebene, die die erforderlichen Rahmenbedingungen für erfolgreiche Projekte schaffen und für diejenigen, die Projekte strategisch steuern. Auch hier sind die Ergebnisse der ersten MPM-Studie eindeutig: Top-Performer setzen deutlich häufiger auf Zertifizierungen für ihre Projektleitenden.

Hierfür bedarf es einer breiten Qualifizierung und Zertifizierung bis Projektmanagementfähigkeiten zu einer Selbstverständlichkeit für die Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung und insbesondere ihrer Führungskräfte werden. Aber hieran führt kein Weg vorbei. Nur so kann es gelingen, dass die Umsetzung dieser Vorhaben erfolgreich ist.

Daneben sehe ich besonders großen Nachholbedarf im Handlungsfeld „Politische Programme“. Damit Projekte der öffentlichen Verwaltung effektiver werden und der Schwerpunkt auf solchen Projekten liegt, die den stärksten Beitrag zu politischen Zielen leisten, ist strategiegeleitetes Portfoliomanagement eine Grundvoraussetzung. In diesem Bereich ist noch viel zu tun. Hier muss auch auf Ebene der Politik und in politiknahen Verwaltungsbereichen mehr Verständnis erzeugt werden.

Welche Vision haben Sie für die Weiterentwicklung des Projektmanagements in der öffentlichen Verwaltung und welche Trends erachten Sie hier zukünftig als besonders relevant? Welchen Beitrag kann der Arbeitskreis leisten?

Ich möchte mit dem Arbeitskreis daran arbeiten, dass die professionelle Anwendung von Projektmanagementmethoden auf allen Ebenen zu einer Selbstverständlichkeit in der öffentlichen Verwaltung wird. Hierbei werden politische Ziele mit den strategischen Zielen der Verwaltung verknüpft und in konkrete Projekte mit der größten Wirkung heruntergebrochen. Die Ebene der Entscheiderinnen und Entscheider wählt Projekte auf Basis ihrer strategischen Relevanz aus und schafft Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Durchführung. Die operative Ebene betreibt ein professionelles Projektmanagement und erleichtert so auch die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft.

Der Arbeitskreis kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, indem er zu einem Sprachrohr aller an Projekten der öffentlichen Verwaltung Beteiligten wird. Durch einen stärkeren Austausch und eine stärkere Vernetzung mit Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im Sinne der übergreifenden Ziele der AWV können wir dazu beitragen, die Verwaltung leistungsstärker, wirtschaftlicher und wettbewerbsfähiger zu machen und die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Verwaltung zu verbessern.        

Liebe Frau Dr. Eschmöller, haben Sie herzlichen Dank für dieses Interview!

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